Die Familie wächst, ebenso unser Büro. Es wird klar, dass es zu eng werden wird für Beides in der Werkstatt unseres Lichtenberger Stadthauses. Die Vorzüge vom Leben und Arbeiten unter einem Dach wollen wir nicht aufgeben. Im Dachgeschoss liegt, noch unberührt, die Wohnung der Vorbesitzerin. Unser „Leuchtturm“ – von dem wir weit hinweg über den Talgrund schauen können, und im Sommer die imposanten Gewitter beobachten – dorthin wollen wir unseren Wohnraum verlegen.
Die grandiose Aussicht, die wir jetzt nur durch die kleinen Fensteröffnungen erleben können, macht die wesentliche Qualität dieses Ortes aus. Und so bekommt die Vorstellung von einer tiefen Fensterbank aus gelaugtem Lärchenholz entlang eines langen, raumhohen Fensterelements die zentrale Rolle im Entwurf. Dazu nur Tisch, Sofa, eine schwere Arbeitsfläche aus Beton und vielleicht ein Ofen. Der Rest darf in flächigen Wandschränken verschwinden, damit der Blick auf die Natur den Raum füllen kann.
Das Planen erweist sich als richtig. Schon während der Bauphase spüren wir die Kraft des Ortes. Entgegen allen anfänglichen Befürchtungen fällt uns der Auszug aus unserer Werkstatt leicht. Andächtig sitzen wir am Fenster und betrachten das erste Schneetreiben des Winters. Mit angehaltenem Atem beobachten wir den Habicht, wie er in der ersten Thermik des Frühjahrs vorbei an unserem Fenster aus dem Tal emporsteigt.
Wir sind so in den Bann gezogen, dass wir schon nach kurzer Zeit mit unseren Matratzen in der Ecke des kleinen Gästezimmers Quartier beziehen und unsere Schlafetage verwaisen lassen. Wir genießen das Leben auf unseren 70 Quadratmetern und denken darüber nach, dass es sicher noch kompakter ginge, unser Wohnen. Der alte Esstisch wird Ausgangspunkt zahlreicher schöner Diskussionen, in denen es darum geht, wie wenig wir womöglich zum Leben benötigen, wenn die entscheidenden Qualitäten vorhanden sind.
Leistungsumfang: LPH 1–9
Auftraggeber: Familie Hüttner
Status: Fertigstellung 2012